Zunächst einmal die
gute Nachricht: Als sich 1774 die amerikanischen Kolonien von der
britischen Regierung lossagten, kam es erst einmal zum Krieg, an
dessen Ende die Sezession erfolgreich war. Und auch als sich 1861 die
Südstaaten von der amerikanischen Bundesregierung lossagten, kam es
zum Krieg, an dessen Ende die Sezession nicht erfolgreich war. Europa
hat aus diesen Erfahrungen zumindest soviel gelernt, dass es ein
juristisches Regelwerk geschaffen hat, dass eine Sezession ohne
blutige Auseinandersetzung ermöglicht. Ein großer Pluspunkt.
Jedoch ist
wahrscheinlich die selbe bürokratische Gründlichkeit dafür
verantwortlich, dass der gescheiterte europäische Verfassungsentwurf
30 mal länger ist als sein amerikanisches Pendant
[1].
Außerdem vermisse ich ganz besonders ein europäisches Gegenstück
zu den amerikanischen Federalist Papers. Für eine europäische
Verfassung ist der Zug bereits abgefahren und wird voraussichtlich
auch nicht allzu bald wieder bei uns anhalten. Aber für europäische
Federalist Papers ist es nicht zu spät.
Wo also sind die
Europäer, die einen ähnlichen leidenschaftlichen
Verfassungskommentar für den Vertrag von Lissabon veröffentlichen?
In welchem sie die Notwendigkeit einer Union begründen, die
Befugnisse der Union klären, die Verhältnisse zwischen dieser, den
Einzelstaaten und den Bürgern darlegen und die Organe der Union
vorstellen sowie deren Aufgaben, Rechte und Pflichten?
Die Federalist
Papers sollten die amerikanische Bevölkerung und die
Staatsparlamente von der neuen und unbekannten Staatsstruktur
überzeugen, was ihnen, wie die über zweihundertjährige Existenz
der Vereinigten Staaten beweist, auch gelang.
Können wir eine
solche Leistung auch von europäischen Intellektuellen für die
bereits existierende Europäische Union erhoffen?
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