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Reparaturkultur



Das mittlere Kind hat das Aufräumfieber gepackt. Das könnte eventuell damit zusammenhängen, dass wir anmerkten, das Zimmer wäre viel zu unordentlich und es hätte ja viel zu viele Spielsachen; so dass wir uns außer Stande sähen, neue Spielsachen anzuschaffen.

Seit einigen Tagen ist es nun also damit beschäftigt, alles für den Flohmarkt auszusortieren, was Mama und Papa nicht schnell genug als noch haltbar deklarieren.

So wurde auch der CD-Spieler zur Disposition gestellt. Grund war die Lautstärkeregelung, die beim Verstellen knarkste und auch in einem unveränderlichen Zustand unregelmäßig leiser und wieder lautet wurde.

Das wollte ich jedoch nicht zulassen. Ein kaputtes Radio würde niemand kaufen wollen, so dass nur der Müll in Frage gekommen wäre. Zwar schlachte ich jedes elektrische Gerät vor dem Wegwurf noch aus - wovon eine große Kiste mit ausgebauten Elektromotoren, LEDs und Kabeln im Keller zeugt - um für meine Zeit als Rentner genug Material zum Basteln zu haben.

Aber abgesehen von der Lautstärke war das Teil noch in Ordnung. Könnte ich es vielleicht reparieren...

Kurz entschlossen holte ich das Werkzeug nach oben und öffnete, umgeben von drei Kindern ("Darf ich auch 'mal Schrauben?" - "Gib mir jetzt den Schraubenzieher!" - "Oh, die Schraube ist die Treppe runter gefallen.")  das Gehäuse.

Was hatte ich mir vorgestellt? Ein loses Kabel, das ich wieder anlöten konnte? Vielleicht ein Metallteil, das fälschlicherweise auf einer Platine rumlag und entfernt werden konnte?

Aber nicht dergleichen. Alles im Innenraum sah picobello aus. Vom Lautstärkeregler führten drei Kabel zu einem Stecker. Gut, vielleicht saß der ja nicht richtig fest. Ja, er hatte etwas Spiel. Also wieder fester gedrückt. War's das vielleicht schon? Gleich mal Strom anschließen und ausprobieren, bevor ich mir die Mühe des Zusammenbaus mache?

Um den angsvollen oder schadenfreudigen Leser gleich zu beruhigen bzw. zu enttäuschen, der als Pointe hier einen Stromunfall befürchten bzw. erhofft: Ein ganz entschiedenes "Nein". Ich mag blöd sein, aber noch nicht so blöd.

Also Gehäuse wieder zusammenschrauben. Das erwies sich als vertrackter als der Auseinanderbau. Vier Teile mussten ineinander gesteckt werden und wenn es unten passte, hatte sich oben wieder eine Stift herausgeschoben. Ich hielt das CD-Fach am Deckel fest und versuchte die Vorder- und Rückseite daran und jeweils aneinander zu befestigen, währende ich die innere Elektronik am Herausfallen zu hindern suchte, da knackte es. Ich hielt immer noch den CD-Fach-Deckel in der Hand. Nur war dieser nicht mehr mit dem restlichen CD-Fach verbunden.

Was habe ich geflucht (still und leise, schließlich waren Kinder anwesend).

Um es zum Ende kurz zu machen: Ich bekam das Gerät wieder zusammengebaut und die Lautstärkeregelung funktioniert wieder tadellos. Es war der Stecker. Allerdings kann das Kind jetzt nicht mehr alleine die CDs wechseln, da ihm beim öffnen der Deckel entgegen springt und nicht mehr ohne elterliche Hilfe geschlossen werden kann.

Aber das wird es auch noch lernen. Denn dieses Gerät wird erst ersetzt werden, wenn die letzte CD unleserlich geworden, die letzte Kassette entmagnetisiert und UKW den Betrieb eingestellt hat.

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