Unter einen Artikel, der versucht die separierende Sprache zu rechtfertigen (ihr wisst schon: "Die Schülerinne und Schüler sollen zusammen mit den LehrerInnen, die Bürger*innen unterstützen") habe ich den folgenden Kommentar geschrieben:
Es gibt, denke ich, mehrere Gründe für diese separierende Sprache.
Da haben wir zum einen den Alibi-Feminismus: Der Verwender möchte nicht wirklich die neuen Geschlechterrollen leben, will nach Außen aber trotzdem irgendwie progressiv wirken. Also verwendet er die separierende Sprache als Signal, um eine Ausrede für seinen konservativen Lebensstiel zu haben: "Aber ich schreibe doch voll gleichberechtigt!"
Zum anderen soll Menschen, die Probleme mit der (Schrift-)Sprache haben (Menschen mit einer schweren Lese- und Rechtschreibschwäche, Menschen mit einer geistigen Behinderung und Menschen, die Deutsch als Fremdsprache sprechen), das Verständnis weiter erschwert werden, um sie weiter auszuschließen. Die separierende Sprache soll hier eben das Werkzeug sein, um sich von diesen Menschen als Elite zu separieren und als intellektuell überlegen darzustellen. Auch ein typisch elitärer und rechter Zug.
Und zum dritten ist die separierende Sprache ein willkommener Anlass, die bisher erreichten Erfolge der Frauen langsam wieder rückgängig zu machen. Diese haben Jahrzehnte (und Jahrhunderte) darum gekämpft als Ärzte, Ingenieure oder einfach Studenten akzeptiert und anerkannt zu werden. Mit der separierenden Sprache kann man sie nun wieder aus diesen Berufsbezeichnungen herausdrängen und von den Männern separieren.
Kurz: Die separierende Sprache - sei sie nun mit Binnen-I, Trennzeichen oder separater Wortnennung durchgeführt - ist ein äußerst erfolgreiches rechtes Projekt.
Nun harre ich meiner Zerhackstückelung.
Ich halte das Gendern auch für einen Irrweg. Dazu: https://www.tagesspiegel.de/kultur/deutschland-ist-besessen-von-genitalien-gendern-macht-die-diskriminierung-nur-noch-schlimmer/26140402.html
AntwortenLöschenTrotzdem ist es wohl empirisch bewiesen, dass die vielen männlichen Bezeichnungen bei jungen Mädchen den Eindruck vermitteln, bestimmte Berufe / Karrieren stehen ihnen nicht zur Verfügung, was sich dann auch in den Zukunftsträumen niederschlägt. Daran muss man aktiv arbeiten, etwa durch mehr öffentliche Präsentation von positiven weiblichen Vorbildern und dies auf allen gesellschaftlichen Ebenen und Kanälen (Auszeichnungen, Portraits, Denkmäler bis hin zu banalen Straßennamen).
Das (nicht nur) Mädchen den Eindruck haben, dass bestimmte Berufe nur für Männer wären, hat aber nichts mit dem grammatischen Geschlecht der Worte zu tun. Ansonsten würden wir bei Worten wie Personen oder Koryphäe auch nur an Frauen denken.
AntwortenLöschenDas ist viel mehr die Folge von tatsächlichen Zuständen und Vorurteilen, die es mit z.B. von Dir beschriebenen, nicht linguistischen Maßnahmen zu ändern gilt.
> Das (nicht nur) Mädchen den Eindruck haben, dass bestimmte Berufe nur für Männer wären, hat aber nichts mit dem grammatischen Geschlecht der Worte zu tun.
LöschenDoch, dazu gibt es wohl entsprechende empirische Forschung. Musst du dich aber selbst schlau machen, kenne mich da nicht so aus.
Wenn ich behaupte, dass es solche Studien nicht gibt, werde ich wohl kaum eine solche auftreiben. :-)
LöschenUmgekehrt. In regelmäßig wiederkehrenden Intervallen höre ich auf Arbeit in der Praxis folgendes: "Die Frauen heißen ja Schwestern. Wie nennt man euch denn? Brüder?" Ich schmeiß mich dann immer in die Ecke vor Lachen. Übrigens bis ich auch für Studien zuständig. Die aus dem Englischen übernommene Bezeichnung dafür ist der weibliche Begriff der "Study Nurse". Ich denke, ich werde es überleben.
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